Wissenswertes über Erlangen #10

Erlangen, die Siemens-Stadt

Höher sind in Erlangen nur der „Lange Johann“ und das Rathaus: Das „blaue Hochhaus“, auch „Glaspalast“ genannt, der markante „Hingucker“ in der Werner-von-Siemens-Straße.

 

ERLANGEN – Ein Attribut, das Erlangen anhängt wie sonst nur ‚Hugenottenstadt‘ ist die Bezeichnung „Siemens-Stadt“. Nicht umsonst heißt es, dass die Bevölkerung Erlangens zu einem Drittel aus durchreisenden Studenten, zu einem weiteren Drittel aus zugezogenen „Siemens(Ind)ianern“ und dann erst zu einem weiteren Drittel aus „echten“ Erlangern besteht.

In der Tat hat der mit über 400.000 Mitarbeitern wohl größte Elektro- und Elektronikkonzern der Welt die kleine Großstadt Erlangen geprägt wie wohl kaum ein zweiter Faktor in der über 1000jährigen Stadtgeschichte. So ist alleine schon der Umstand, dass Erlangen als Großstadt gerechnet wird, in erster Linie den rund 40.000 Siemens-Mitarbeitern zu verdanken, die in der Region nicht nur arbeiten, sondern eben auch wohnen.

1947 entschied die Unternehmensleitung der Siemens-Reiniger-Werke AG in Berlin, nach Erlangen umzuziehen. Verlegt wurden die Firmenleitung und der Vertrieb in das unzerstörte und von den Sowjets im Gegensatz zur ehemaligen Reichshauptstadt Berlin unbedrohte Erlangen, das schon seit Vorkriegszeiten Standort des Unternehmens war. Zu diesem Zeitpunkt hatte Erlangen weit unter 50.000 Einwohner und erst ab dann begann die Bevölkerung rasant zu wachsen und überschritt 1974 erstmals die Großstadt-Hürde von 100.000 Einwohnern.

Geprägt hat Siemens nicht nur das Stadtbild, etwa entlang der Werner-von-Siemens-Straße, wo mit dem „Blauen Haus“ und dem „Himbeer-Palast“ gleich mehrere markante Komplexe zu finden sind. Auch das soziale Leben wurde und wird von Siemens bereichert: Etwa im kulturellen Bereich – man denke hier nur an das Siemens-Orchester oder den Siemens-Chor – aber auch im Sport. So haben Generationen von Erlanger Handballern auf dem Siemens-Sportplatz an der Komotauer Straße die ersten Bälle ihres Lebens geworfen und sogar eine eigene Handball-Mannschaft zählte zum Betriebssport. Heute befinden sich die alt-ehrwürdigen SG Siemens-Handballer in einer Spielgemeinschaft, der HSG Erlangen-Niederlindach.

Und wer heute an einem beliebigen Wochentag die Kantine im Siemens-Stadion aufsucht, der wird überrascht sein von der großen Zahl der „Ehemaligen“, die sich auch lange nach der Pensionierung noch regelmäßig treffen und gemeinsam ihre Zeit verbringen. „Siemens – von der Lehre bis ins Grab“, so ließe sich eine Unternehmenskultur beschreiben, die in der Gegenwart des „Hire-and-Fire“ seltsam, aber dennoch wohltuend nostalgisch wirkt.

Autor & Fotos: Rainer Windhorst